Sie sind hier:
  • Veranstaltungen
  • Vier Tage lang universitäre Mathematik – Salvatore Ippolito (WGJ2C) zu Gast an der Johannes Gutenberg-Universität

Vier Tage lang universitäre Mathematik – Salvatore Ippolito (WGJ2C) zu Gast an der Johannes Gutenberg-Universität

MMA – Was versteckt sich wohl hinter diesen drei Buchstaben? Viele meiner Altersgenossen, zumindest die Jungs, würden wohl spontan antworten: „Natürlich Mixed Martial Arts“. Also die berüchtigten Kampfsport-Kämpfe in Käfigen, die sich aktuell großer Beliebtheit bei jungen Zuschauern erfreuen. Im Herbst 2022 war auch ich vier Tage lang Teilnehmer bei der MMA, die in Mainz stattfand. In Käfige gesperrt wurde ich dort zum Glück aber nicht und auch mein Gesicht blieb heil. Gekämpft habe ich nämlich nur mit komplexen Zahlen und Formeln. Denn hinter der Abkürzung MMA versteckte sich in meinem Fall die „Mainzer Mathe-Akademie“. Das war ein viertägiger Kurs an der berühmten Johannes Gutenberg-Universität, wo ich gemeinsam mit 29 anderen Schülern die Gelegenheit bekam, Uni-Luft zu schnuppern und mich intensiv mit der universitären Mathematik zu beschäftigen. So konnte ich meine Leidenschaft einmal ganz anders zu erleben, als ich es vom „normalen“ Schulunterricht gewohnt bin.

Sierpinski-Dreieck (Rekursionstiefe 7)

Am ersten Tag wurden uns Teilnehmern drei Themen vorgestellt: komplexe Zahlen, Fraktale und Spieltheorie, wovon wir uns ein Thema aussuchen durften. In der Spieltheorie versucht man bei bestimmten Situationen die Strategie zu ermitteln, die das eigene Wohl oder das Wohl mehrerer Beteiligten maximiert. Bei Fraktalen analysiert man geometrische Muster, die meist selbstähnlich sind, das heißt sie bestehen aus kleineren Teilen von sich selbst. Ein hervorragendes Beispiel für ein selbstähnliches Fraktal ist das Sierpinski-Dreieck. Denn egal wie nah man ran zoomt, man findet immer eine kleinere Version des Dreiecks wieder. Ich entschied mich allerdings für komplexe Zahlen, worauf ich später im Bericht genauer eingehen werde. Entsprechend unseres gewählten Schwerpunkts wurden wir dann in drei Gruppen aufgeteilt mit jeweils 10 Teilnehmern. Unter der Leitung jeweils eines Professors beschäftigten wir uns während der ersten zwei Tage mit den Grundlagen unseres Themas. In den letzten zwei Tagen widmeten wir uns in noch kleineren Gruppen einzelnen Problemen. Am letzten Tag präsentierten wir dann unsere jeweiligen Ergebnisse den Schülern der anderen Gruppen, so dass wir gegenseitig von unserem neuen Wissen profitierten.  

Die Vorlesung zu den mathematischen Grundlagen der komplexen Zahlen fand ich ebenso interessant wie überraschend. Diese Zahlen wurden eingeführt, um das Wurzelziehen von negativen Zahlen zu ermöglichen, was normalerweise nicht möglich ist. Es wird also eine imaginäre Zahl i definiert als i = √-1 oder auch i² = -1 und mit dieser kann man weiterrechnen, auch wenn man sich die Zahl i nicht vorstellen kann. Denn eigentlich gibt es keine Zahl, die beim Quadrieren -1 ergibt. Was mich hierbei überrascht hat, war die Aussage des Professors, dass es nicht darum gehe, die Definition i = √-1 zu verstehen, sondern man müsse die Definition erstmal einfach so hinnehmen und mit ihr Berechnungen durchführen. Die Sinnhaftigkeit der Definition ergebe sich dadurch, dass man nicht zu mathematischen Widersprüchen komme und brauchbare Ergebnisse erhalte. Erst dann könne man versuchen ein Verständnis aufzubauen. Das ist genau das Gegenteil meiner üblichen Vorgehensweise. Denn ich versuche immer zuerst die Problemstellung im Ganzen zu verstehen und danach meine Definitionen und Lösungswege zu schreiben. Hier habe ich zum ersten Mal gelernt, dass man auch andersherum vorgehen kann.

Selbstverständlich rechneten wir nicht nur, sondern genossen auch ein vielfältiges Rahmenprogramm, das aus Spiele- und Kinoabenden, einer Führung durch die Universität, gemeinsamem Grillen und einer Führung durch das Mainzer Staatstheater bestand. Es gab immer etwas Neues zu erleben und es wurde nie langweilig. Jetzt weiß ich zum Beispiel, was hinter einer Theaterbühne alles gemacht wird, von der Herstellung der Masken und Kleiderstücke bis hin zur Vorbereitung und dem Transport von Requisiten. Nicht zuletzt haben wir Zeit bekommen, Mainz zu erkunden und dessen schöne Architektur und Sehenswürdigkeiten zu bewundern.

Die anderen Teilnehmer waren sympathisch und ich habe mich von Anfang an gut mit ihnen verstanden. Es war toll, mich mit Mathematikbegeisterten in meinem Alter auszutauschen, gemeinsam Sachen zu unternehmen und Spaß zu haben. Mit ihnen in einer Gruppe zu arbeiten war eine ebenso neue wie positive Erfahrung für mich. Bis dahin habe ich mich nämlich immer nur selbständig mit Mathematik beschäftigt, sei es durch Aneignen neuen Wissens oder durch die Teilnahme am sog. MONOID-Wettbewerb (s. hier). An der Mainzer Mathe-Akademie habe ich nun festgestellt, dass die Zusammenarbeit mit anderen sehr motivierend ist, denn man hat die Sicherheit, bei Schwierigkeiten nicht auf sich alleine gestellt zu sein. Natürlich gab es immer wieder mal mathematische Hürden, wo weder ich noch mein Partner weiterwussten, aber in solchen Situationen konnten wir uns auf die Hilfe des Professors oder der wissenschaftlichen Mitarbeiter verlassen.

Abschließend kann ich sagen, dass sich die Teilnahme an der Mainzer Mathe-Akademie gelohnt hat. Natürlich habe ich mich gefreut, dass ich drei Unterrichtstage von der Schule befreit wurde. Vielmehr war aber die Erfahrung an sich bereichernd. Ich habe nämlich viele Leute kennengelernt, viel Neues erlebt, gesehen und gelernt. Die MMA hat mir nicht nur Einblicke in anspruchsvolle mathematische Themengebiete ermöglicht, sondern mir auch gezeigt, wie viel Spaß die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten machen kann und wie der Alltag an einer Uni aussieht. Außerdem hatte ich die Gelegenheit, Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern der Mathematik-Fakultät kennenzulernen und von ihnen jede Menge über ein Mathe-Studium zu erfahren. All diese Erfahrungen kann ich jedem Mathematikbegeisterten nur empfehlen — auch mathebegeisterten Käfigkämpfern. 

Salvatore Ippolito, WGJ2C

Zurück