Schüler sagen Lehrern, wie’s läuft – Individualfeedback an der ASS

Zum Schulalltag gehört seit Eh und Je, dass Schüler lernen, sich am Unterricht zu beteiligen und von Lehrern dafür eine Rückmeldung erhalten. Doch an der ASS erhalten auch die Lehrer ein Feedback. Klingt vielleicht komisch, ist aber so. Und zwar geschieht dies in Form des sog. Individualfeedbacks.

Grundlage hierfür ist ein Beschluss der Gesamtlehrerkonferenz (GLK) aus dem Jahr 2009. In diesem wurde festgelegt, dass sich jede Lehrkraft einmal jährlich ein individuelles Feedback bei Schülern und/ oder Kollegen einholt. Dabei bleibt es jeder Lehrkraft überlassen, welche Methode sie dazu verwendet. Eine ebenso effektive wie beliebte Möglichkeit des Feedbacks besteht in der Verwendung individuell anpassbarer Fragebögen (siehe Abbildung).

Eine andere Art des Feedbacks ist die kollegiale Hospitation, bei welcher sich Lehrkräfte gegenseitig im Unterricht besuchen und nach Absprache Feedback zum Unterricht geben. Um einen Überblick über die durchgeführten Feedbacks zu erhalten, wird den Kollegen ein Formular zur Verfügung gestellt, mit welchem eine Rückmeldung über die Art des durchgeführten Feedbacks und die verwendete Methode gegeben werden kann. Zudem bietet das Formular die Möglichkeit, die Nützlichkeit des durchgeführten Feedbacks qualitativ zu bewerten. Der sog. Beauftragte für Individualfeedback wertet diese Rückmeldungen aus, liefert auf ihrer Basis Anregungen und bietet Unterstützung an, wo diese benötigt wird. Zudem wurde ein Konzept für die Implementierung und Weiterentwicklung des Feedbackkonzeptes an der ASS erstellt (siehe Abbildung). 

Aber warum sollten sich hochqualifizierte Lehrkräfte von Schülern ein Feedback zu ihrem Unterricht geben lassen? Natürlich sind die Lehrkräfte gut ausgebildet und wissen um die Qualitätskriterien guten Unterrichts Bescheid. Allerdings entwickeln sich im Laufe des Berufslebens – wie jeder Arbeitnehmer weiß – bestimmte Routinen, die einerseits Stabilität in den hektischen Arbeitsalltag bringen, andererseits aber auch nicht mehr wirklich auf ihre Sinnhaftigkeit hin geprüft werden. So entstehen sog. blinde Flecken, sprich Handlungsweisen, die sich der eigenen kritischen Selbstbetrachtung entziehen. Hinzu kommt häufig der (Tunnel)Blick des Fachmanns. Beispielsweise mag einem studierten Mathematiker, der sich seit Jahren mit der Materie beschäftigt, vielleicht nicht mehr wirklich nachvollziehbar sein, worin die Schwierigkeiten des Bruchrechnens für einen Anfänger bestehen. Genau hier setzt das Individualfeedback an. Mittels der Rückmeldung durch Schüler bzw. Kollegen werden blinde Flecken beleuchtet und Perspektivwechsel vollzogen.

Ziel des Individualfeedbacks ist eine kontinuierliche Verbesserung des Unterrichts. Dabei kommt zwangsläufig die zentrale Frage auf, was denn eigentlich guter Unterricht sei. Bei allen didaktischen, pädagogischen und soziologischen Studien und Erkenntnissen von Heimann/ Otto/ Schulz über Hilbert Meyer bis zur omnipräsenten Hattie-Studie wird man eine Vielzahl von Kriterien für die Beantwortung dieser Frage hervorbringen können. Auf einen gemeinsamen Nenner können sich alle wahrscheinlich einigen: Guter Unterricht findet dann statt, wenn die Schüler etwas lernen. Und darüber, ob sie etwas lernen, können sie meistens selbst am besten Auskunft geben.

Somit erscheinen die Zustände an der ASS bei genauerer Betrachtung wohl eher logisch als komisch.